Die deutsche Wirtschaft hat im Oktober überraschend an Fahrt gewonnen und das stärkste Wachstum seit fast zweieinhalb Jahren verzeichnet. Gestützt wurde diese Entwicklung vor allem durch eine robuste Belebung im Dienstleistungssektor.
Der vorläufige composite Einkaufsmanagerindex (PMI) von HCOB, der von S&P Global zusammengestellt wird, stieg im Oktober auf 53,8 Punkte von 52,0 im September. Dies markiert das schnellste Wachstum seit Mai 2023 und übertrifft die Analystenerwartungen von 51,5 deutlich. Der Oktober ist damit der fünfte Monat in Folge, in dem der Index, der den Dienstleistungs- und den Fertigungssektor abbildet (zusammen mehr als zwei Drittel der größten Volkswirtschaft der Eurozone), über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten liegt.
Dienstleistungen als Motor, Industrie bleibt schwach
Treibende Kraft war der Dienstleistungssektor, der den stärksten Anstieg der Geschäftsaktivität seit mehr als zwei Jahren meldete. Der entsprechende Index kletterte von 51,5 im Vormonat auf 54,5 Punkte.
„Dies ist ein unerwartet guter Start in das Schlussquartal“, kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank. Er wies auch darauf hin, dass die Produktion im verarbeitenden Gewerbe den achten Monat in Folge gestiegen sei, wenn auch langsamer als im September. Der PMI für das verarbeitende Gewerbe blieb jedoch im kontraktiven Bereich (unter 50 Punkten), obwohl er sich leicht von 49,5 auf 49,6 verbesserte und damit die Erwartungen eines stabilen Wertes übertraf.
Ausblick bleibt trotz Wachstum fragil
„Die Bedingungen für ein Wachstum im vierten Quartal sind gut“, so de la Rubia. „Dass die Zukunftsaussichten jedoch sowohl bei den Dienstleistern als auch in der Industrie vorsichtiger eingeschätzt werden als im Vormonat, zeigt, dass die konjunkturelle Lage fragil bleibt.“
Die Geschäftserwartungen für das kommende Jahr haben sich laut der Umfrage eingetrübt. Sorgen bereiten die Binnenschwäche, geopolitische Spannungen und hohe Kosten. Auch die Beschäftigung im Privatsektor ging weiter zurück, wenn auch langsamer. Der Oktober markierte den 17. Monat des Stellenabbaus in Folge, die längste derartige Phase seit der Finanzkrise 2008-2010.
Neue Initiative soll Wettbewerbsfähigkeit durch Klimaschutz stärken
Angesichts dieser fragilen langfristigen Aussichten und der Notwendigkeit struktureller Veränderungen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit wurde in Berlin eine neue Initiative ins Leben gerufen. Deutschland schließt sich damit einer wachsenden europäischen Bewegung an, die Industrie und Städte beim Klimaschutz zusammenbringt.
Climate KIC hat gemeinsam mit ICLEI Europe und dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) einen zweijährigen Dialogprozess in Deutschland gestartet. Unter dem Motto „Starke Städte. Gesunde Wirtschaft.“ fand die Auftaktveranstaltung am 23. Oktober in Berlin statt und zog rund 80 Vertreter aus Industrie, Städten sowie von Bundes- und Landesregierungen an.
Verbindung von Nachfrage und Angebot im Klimaschutz
Die deutsche Initiative baut auf erfolgreichen Stadt-Industrie-Dialogen auf, die bereits in Spanien, Polen und Finnland laufen. Ziel ist es, ein europäisches Netzwerk zu schaffen, in dem Städte und Unternehmen gemeinsame Bedürfnisse identifizieren und Lösungen entwickeln können.
Der Dialogprozess adressiert eine kritische Lücke: Während der Klimawandel bereits kostspielige Schäden an lokaler Infrastruktur und Lieferketten verursacht, übersteigen die notwendigen Investitionen in Resilienz und Klimaschutz oft die finanziellen Möglichkeiten von Kommunen und Unternehmen.
„Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit schließen sich nicht gegenseitig aus. Im Gegenteil, sie verstärken sich gegenseitig“, sagte Kirsten Dunlop, CEO von Climate KIC. „Nachhaltigkeit wird zur führenden Triebfeder für globale Wettbewerbsfähigkeit, lokalen Wohlstand sowie wirtschaftliche und soziale Stabilität.“
Von der Ambition zur Umsetzung
Der Auftakt in Berlin konzentrierte sich auf Kernsektoren wie Gebäude und Bauwesen, Verkehr und Mobilität sowie Energie, Heizung und Kühlung. Entscheidend war auch die Diskussion praktischer Hebel für die Umsetzung: Finanzierungsmechanismen, Beschaffungsstrategien, Standardisierung und Planungsverfahren.
Wolfgang Teubner, Direktor von ICLEI Europe, betonte: „Städte gestalten die Infrastruktur, die Menschen und Unternehmen brauchen. Ihre Investitionen in die Infrastruktur sind ein wesentlicher Treiber für Transformation, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.“ Die starke Beteiligung in Berlin signalisiert, dass Industrie und Kommunen den richtigen Zeitpunkt für diese Zusammenarbeit erkennen.
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