Gegen die Ohnmacht

Warum dem Sport eine Institution vorgesetzt wird, der ihm auf die Finger schaut? Weil es Vereine und Verbände zu oft nicht schaffen, integer mit den ihnen anvertrauten Menschen umzugehen.

Das hat dem deutschen Sport noch gefehlt: eine unabhängige Einrichtung, die Verstöße gegen Sitte und Anstand verfolgt und bestraft. Mehr Medaillen bringt sie nicht, das steht schon mal fest. Vermutlich bringt sie mehr Bürokratie. Schließlich sollten sich nicht nur Verbände auf umfassende Integrität verpflichten, sondern auch die fast 90.000 Sportvereine Deutschlands – mitsamt Satzungsänderung. Das wird Jahre und Jahrzehnte dauern.

Warum brauchen Vereine und Verbände trotzdem eine Institution, die ihnen auf die Finger schaut und auch mal klopft? Weil sie es allein zu oft nicht schaffen, integer mit den ihnen anvertrauten Menschen, Organisationen, Spielen und Wettkämpfen umzugehen. Im internationalen Sport leben uns Profis und Präsidenten Gier, Korruption und Menschenverachtung vor. Vor der eigenen Haustür erleben Sportlerinnen und Sportler, dass Meldungen nicht ernst genommen, Vorfälle ignoriert und Mitbestimmungsrechte eingeschränkt werden.

Integrität einzelner Personen

Die Autonomie des Sports blockiere Durchgriffsmöglichkeiten und führe zu Systemversagen, konstatierte vor fünfzehn Monaten Athleten Deutschland e.V., die treibende Kraft bei dieser Erneuerung des deutschen Sports. Zuständigkeiten blieben ungeklärt und Verantwortung werde hin und her geschoben. Die Ohnmacht der Betroffenen richte fortwährend Schaden an und sorge für Frustration.

Was gut läuft, ist dagegen häufig auf die Inte­grität einzelner Personen zurückzuführen. Damit ist es ein weiteres Argument dafür, dass Strukturen zum Schutz von Integrität dringend nötig sind. Die Analyse, die nun ansteht, wird dies vermutlich bestätigen. Die gesetzlich festgeschriebene Bedingung, staatliche Unterstützung nur bei Einhaltung von Mindeststandards in Fragen von Integrität und Menschenrechten zu gewähren, ist überfällig.

Die schmallippige Reaktion des Deutschen Olympischen Sportbunds lässt vermuten, dass er eine Arbeitsteilung wie beim Zentrum für Safe Sport anstrebt. Er tue, was er könne, ist seine Haltung. Wenn die Politik mehr wolle, soll sie das gern anpacken – und bezahlen.